Anna Reusch wuchs in Wiesbaden auf, ihr Vater, selber Musiker ermutigte Sie sich musikalisch auszutoben, aber kein Instrument konnte sie lang begeistern.
Bis zu jener Nacht in der sie die Turntables für sich entdeckte. Als 15-jährige bat der Resident-Dj des Europalace in Mainz-Kastel sie kurz die Decks zu übernehmen und den nächsten Übergang zu machen, da er auf die Toilette müsste, dies stellte sich als Spaß heraus. Doch für Anna war dies der entscheidende Moment, sie wusste was sie im Leben machen wollte und das tat sie auch. Von da an lernte sie unermüdlich und wurde bereits als 17-jährige bei Zyx unter Vertrag genommen und tourte u.a mit Mark Oh.
Nach dieser Zeit kehrte sie der Musikwelt den Rücken, macht Abitur und studierte, kehrte dann aber zurück, an die Decks, u.a. im legendäre U60311 in Frankfurt.
Ab da arbeite sie mit Stefan Dabruck im Studio, hat Release bei Weplay, Toca45, spielte die Eröffnung beim Love Familie Park, auf dem Feel Festival, auf dem Parookaville-Festival und auf vielen weiteren. Sie tourt selbstständig um die Welt!
Wir haben Anna nun zu ihrem Leben, Techno und zu ihren letzten Releases interviewt und freuen uns sehr euch die Ergebnisse präsentieren zu können.
Wie schaffst du dir eine Work-Life Balance?
Anna: „Indem ich unter der Woche, oder eben in meiner spielfreien Zeit, einen recht unaufgeregten, geregelten Tagesablauf einhalte. Ich stehe morgens auf und gehe abends auch zeitig wieder schlafen. Dann lebe ich ziemlich ländlich und habe kaum Menschen um mich, also ein kompletter Gegensatz zum Wochenende, genau wie die Ruhe.“
Wenn du dich festlegen müsstest nur noch Festival oder Clubs zu spielen, was würdest du wählen?
Anna: „Ich hoffe sehr, dass ich das nie muss. Ich mag die Kombination aus beidem mittlerweile sehr gerne. Letztes Jahr haben mich Festivals noch eingeschüchtert da man nie weiss, was einen erwartet, viele Faktoren wie Wetter lassen sich oft nur schwer einschätzen. Aber ich habe dieses Jahr viel Routine bekommen, auch weil ich alles mitmachen musste: von 45 Grad im Zelt bis ununterbrochen Regen bei 10 Grad. Ich habe glücklicherweise alles mit einem sehr guten Gefühl am Ende durchleben dürfen. Das gibt Selbstvertrauen und somit auch Vorfreude auf die nächsten Male. Club ist einfach die Seele, das Zuhause von Techno. Es ist ein ehrlicheres Feiern als oft Outdoor. Techno ist momentan „cool“ und modern, weswegen sich auf Festivals auch viele Menschen tummeln die bis dato nicht die Kultur leben. Diese Leute sieht man eher nicht in kleinen muffigen dunklen Clubs die Nacht durchtanzen. Die „Arbeitszeit“ in Clubs ist der einzige Haken. Mitten in der Nacht aufstehen fällt in zunehmenden Alter nicht ganz so leicht :)“
Woher nimmst Du die Inspiration für deine Tracks?
Anna: „Aus meiner Erfahrung, meinen Erlebnissen während den Gigs. Wenn ich im Studio sitze spiele ich oft Ausschnitte aus Tracks vor, bestimmte Stellen die mir besonders im Gedächtnis geblieben sind oder weil sie besondere Reaktionen bei den Zuhörern ausgelöst hatten. Das nehmen wir dann oft als Inspiration.“
DJ, Frau im Business oder ähnliches…empfindest du es heute noch besonders eine Frau in der elektronischen Musik zu sein oder ist diese Zeit vorbei?
Anna: „die Zeit ist vorbei – dachte ich. Aber gerade letzte Woche fragte mich ein Veranstalter ob ich nicht noch ein paar bezahlbare gute weibliche Techno DJs empfehlen kann. Ich musste wirklich lange überlegen (gut ist natürlich subjektiv, ich messe das ua an Authentizität). Es gibt nicht viele „normale“ Frauen in dem Job, entweder sie sind unbezahlbar, nicht sehr gut oder nur gehyped wegen ihrer Kontakte/Beziehungen. Aber ich denke das wird noch in den nächsten Jahren.“
Hast du bereits vor der Veranstaltung einen Plan oder lässt du dich vor Ort einfach „treiben“?
Anna: „Ich habe meine Playlisten die nach Intensität und Art geordnet sind. Ich lasse mich dann im Club überraschen wie die Stimmung ist oder der DJ vor mir spielt. Wenn es ein lockerer Sound ist fange ich auch locker an und steigere mich kontinuierlich. Wenn vorher schon die „Hütte abgerissen“ wird steige ich natürlich auch mit meinen Primetime-Tracks ein und groove die Leute nach und nach in meinen Stil ein. In großen Hallen funktionieren auch andere Tracks als in kleinen Clubs.“
Bei Instagram in deinem Profil steht „Dj between Techno and my farm“ Erzähl und mehr darüber?!
Anna: „Desto älter ich wurde, umso mehr ich reiste und von der Welt sah desto mehr hegte ich den Wunsch in meinem eigenen kleinen Reich zu leben. Mit meinen Lieben und so wie ich es für richtig und schön halte. Vor knapp drei Jahren wurde dann ein alter Dreiseitenhof gekauft und seither renoviert usw. Hier leben Pferde und andere Tiere so, wie ich es für artgerecht erachte und wenn ich hier bin hört man ausser Tiergeräuschen und ab und an mal ein Auto nichts. Am Wochenende gehts dann meist in Städte in denen ordentlich was los ist, im Club laute Musik und viele Menschen. Hätte ich nur das im Leben würde ich verrückt werden – aber genauso wenn ich bloss auf dem Dorf wäre. Beides lässt mich die Welt sehr relativ sehen. Das Land erdet, mindert den Konsumdruck, die Stadt ist innovativ und Mahnmal.“
Was ist dein liebstes Reiseziel?
Anna: „mein Zuhause und eine Wellnessoase bei Bautzen :)“
Erzähl uns über deinen neuen Release „Do it“
Anna: „Meine Sets enthalten verschiedene Teile, einen stampfenden/stripped Part, einen groovigen, trancigen, treibenden und manchmal auch bisschen Acid. So möchte ich auch meine EPs haben, Tracks für verschiedene Parts. Bei der Atmosphere EP im März waren zwei flächige und eine stripped Nummer drauf. „Do it“ war eigentlich als die stripped Nummer zu den trancigen anderen gedacht aber Transmit fand sie so gut dass sie sie als A Side nahmen. Ist mir natürlich auch recht :)!
Vielen Dank, Anna für das mega interessante Interview!